eMuseum
Römische Kolonien
Parium oder Philippi. Oder was?
In großem Umfang wurden im Osten des Römischen Reichs in der Zeit des Augustus (RPC I Nr. 1656), des Tiberius (RPC I Nr. 1657, Nr. 1658 und Nr. 1659) und des Claudius (RPC I Nr. 1660) Kleinbronzen mit dem kolonialen Motiv des sulcus primigenius geprägt. Ungewöhnlich ist, dass hier nicht nur eine, sondern ZWEI Personen den Pflug führen. Eine explizite Benennung der Münzstätte fehlt, sodass die Verortung fraglich bleibt.
In der Forschung wurden zunächst Parium (da hier der Typ des Pflügers mit Ochsengespann über die Jahrhunderte häufig und kontinuierlich ausgegeben wurde), dann von den Autoren des RPC das makedonische Philippi (wegen einer hohen Funddichte von Münzen dieses Typs) vorgeschlagen. Knapp 30 Jahre später sind weitere neue Fundplätze aus der Troas bekannt, die eine Verortung hier (mindestens ebenso) naheliegend erscheinen lassen. Neu in der Diskussion als möglicher Ausgabeort ist damit auch Alexandria Troas.
Abb. 1 (rechts oben): Datenbankeintrag zu RPC I Nr. 1656
Abb. 2 (links): Rückseite einer frühkaiserzeitlichen Bronzemünze ohne Angabe der Münzstätte (Typ RPC I Nr. 1656 mit zwei Personen hinter dem Pflug). Universität Münster, Inv. M 1013
Abb. 3 (rechts): Rückseite einer Bronzemünze aus Parium, die eine einzelne Person hinter dem Pflug zeigt. Universität Münster, Inv. M 1011
Der numismatische Befund in Alexandria ist ungewöhnlich: Nach sehr intensiver hellenistischer Münzproduktion folgt eine lange Unterbrechung, und erst für die Zeit ab Antoninus Pius (reg. 138-161 n. Chr.) ist wieder eine regelmäßige Münzausgabe nachgewiesen. Eine "Überbrückung" durch "unspezifische Kolonialmünzen" könnte diese Prägelücke schließen. Dafür spricht u.a., dass jüngst einige Münzen bekannt wurden, die den Typus des sulcus primigenius für Alexandria belegen, und zwar genau in der Variante mit ZWEI Männern am Pflug, die auch die vielfach geprägten unbenannten Münzen zeigen.
[KM]
Weiterführende Literatur zum Typ RPC I Nr. 1656-1660:
- A. Burnett – K. Martin, An early imperial coinage from Alexandria Troas, in: O. Tekin (Hrsg.), Proceedings of the Second International Congress on the History of Money and Numismatics, Koç University, AKMED 5-8 January 2017 (2018) S. 245-252
- K. Martin, "Coins in Contexts". Methodische Ansätze der Numismatik zur Kontextualisierung von Münzbildern mit einer Fallstudie "Überlegungen zum Prägeort von RPC I 1656–1660", in: T. Schreiber (Hrsg.), Zugänge zur Kontextualisierung bildlicher Darstellungen in den Altertumswissenschaften. Workshop des Netzwerk "Archäologie Diagonal", 28.-29. Juni 2013 an der WWU Münster (2018) bes. S. 71-75 [Open Access]