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Römische Kolonien
Zwischen phönikischer, griechischer und römischer Identität: die zwei unterschiedlichen Nachbarinnen Tyrus und Berytus
Im heutigen Libanon, zwischen Arados im Norden und Dor im Süden, befinden sich die zwei phönikischen Städte Berytus und Tyrus. Beide liegen an der Mittelmeerküste und galten als Zentren für urbane Kultur im Vorderen Orient. Die Städte wurden schon im 1 Jahrtausend v. Chr. gegründet und gehen somit auf eine lange phönikische Tradition zurück. Zugleich nahmen sie auch früh griechische Kultur auf und wurden somit Teil der griechischen Welt. Während der Perserzeit und dem Hellenismus konnten beide Städte ihre phönikische Identität beibehalten.
Das zeigt sich neben der Sprache und der Religion auch in der Münzprägung: So wurde in Tyrus seit klassischer Zeit neben dem Delphin (als Zeichen für die Lage am Meer), der Purpurschnecke (Hinweis auf die überregional bedeutende Herstellung von Purpur in Tyrus) und ägyptischen Herrschaftszeichen auch das Motiv des auf einem geflügelten Seewesen (Hippocamp) reitenden Stadtgottes Melqart geprägt. In Berytus begann die (nur bronzene) Münzprägung erst in hellenistischer Zeit, im 2. Jh. v. Chr. mit dem Kopf der Stadttyche auf der Vorderseite und ebenfalls mit einem lokalen Gott mit Dreizack auf einem von mehreren Hippokampen gezogenen Wagen auf der Rückseite.
Abb. 1 (links): Rückseite einer Bronzemünze aus Berytus mit Poseidon in einem Hippokampenwagen, in der rechten Hand hält er einen Delphin in der linken Hand ein Dreizack (197-217 n. Chr.). Universität Freiburg, ID11330
Abb. 2 (rechts): Rückseite einer Bronzemünze aus Tyrus mit Europa in der Hand ein Gefäß, vor ihr taucht ein Stier aus den Fluten auf darüber die ambrosischen Felsen mit Ölbaum dazwischen, (ca. 253-260 n. Chr.). Münzkabinett zu Berlin, Objektnummer 18258039
In der Kaiserzeit zeigten nun beide Städte eine komplett unterschiedliche Entwicklung. Während Tyrus erst unter Septimius Severus (193-211 n. Chr.) römische Kolonie wurde (sog. Titularkolonie, als Belohnung für die "richtige Parteinahme" in der Auseinandersetzung zwischen Septmius Severus und Pescennius Niger), hatte Berytus diesen Status bereits unter Augustus (27 v. Chr. – 14 n. Chr.). Dies spiegelt sich auch anschaulich in der Münzprägung beider Städte wieder. Während Tyrus an seiner traditionellen Münzprägung festhielt (und nicht einmal Kaiserporträts auf den Vorderseiten abbildete), wurde Berytus geradezu zu einem Vorbild von Romanisierung und prägte fast ausschließlich römische Themen wie z. B. Marsyas oder den sulcus primigenius.
Abb. 3: Bronzemünze aus Tyrus mit Kopf des Melqart auf der Vorderseite und Keule und phönikischer Schrift auf Rückseite (112-113 n. Chr.) (= RPC III Nr. 3888A)
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Weiterführende Literatur
- A. Lichtenberger, Tyros und Berytos. Zwei Fallbeispiele städtischer Identitäten in Phönikien, in: M. Blömer – M. Facella – E. Winter (Hrsg.), Lokale Identität im Römischen Nahen Osten. Kontexte und Perspektiven, Oriens et Occidens 18 (2009) S. 151-175