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Einführung: Überall ist Rom?


"Networking" im Reich: Römische Kolonien

Zu Beginn der römischen Kaiserzeit erstreckte sich das Imperium Romanum bereits von Spanien bis in die Levante über ein Gebiet, das fast den gesamten Mittelmeerraum umschloss. In vielen verschiedenen Provinzen standen Städte, Regionen und Völkerschaften mit ihren alten Traditionen und ihrer eigenen Geschichte nun unter der Oberaufsicht und Kontrolle römischer Verwaltungsinstanzen.

Die meisten Städte waren Rom steuer- und abgabenpflichtig, konnten aber auf lokaler Ebene ihre internen Angelegenheiten eigenständig regeln. Entscheidend war ihr jeweiliger Rechtsstatus, der sich über das Verhältnis zu Rom definierte.

Als "römische Lebensorte in der Ferne" bezeichnet Axel Filges die Kolonien (lt. coloniae), die besonders unter Caesar († 44 v. Chr.) und Augustus († 14 n. Chr.) überall im Römischen Reich eingerichtet wurden. Die Absichten, die dahinter standen, überall "Ableger" zu installieren, waren vielfältig: Zuvorderst stand meist die Versorgung von altgedienten Veteranen mit einem Stück Land. Damit einher ging römische Einflussnahme ("Romanisierung") auch in die entlegenen Ecken des Reichs: Durch ein Netz von Dependancen ließ sich römische Struktur und Lebensart breit streuen.

Mal wurde eine colonia "auf freiem Feld" neu gegründet, mal erhielt eine bereits bestehende Stadt einen neuen – eben römischen – Status, d.h. eine neue Verwaltungsstruktur, eine neue politische Elite, ja auch eine neue offizielle Sprache (Latein statt Griechisch als Verwaltungssprache im Osten des Reichs). Dabei konnte es (wenig überaschend) auch zu Konflikten kommen in Sachen Bürgerrecht, persönlichem Ansehen und politischen Kompetenzen, denn die neu ankommenden römischen Bürger waren nun denen des ehemaligen Gemeindwesens übergeordnet.

Anders als die Veteranenkolonien funktionierten die späteren sogenannten Titularkolonien: Im 3. Jahrhundert n. Chr. war es eine Ehre oder Aufwertung, dass einige griechische Städte den Titel einer colonia erhielten (z.B. Mallus, s. Kap. 5.5 oder Tyrus, s. Kap. 5.9). Faktisch änderte sich für ihre Bürger wenig, zumal sie durch die Constitutio Antoniniana ohnehin schon römisches Bürgerrecht besaßen. Die geschah mit dem Ziel, die enge Bindung an Rom deutlich zu machen, aber ohne dass hier Veteranen angesiedelt worden wären (sog. Titularkolonien, s. Kap. 5.5 Mallus oder Kap. 5.8.1 Tyrus).

In der Regel kleiner als eine colonia, aber ebenfalls eine römische Stadtkategorie, waren die municipia, die sowohl im Westen (z.B. Italica in der hispanischen Baetica, s. M 76 oder M 77) als auch im Osten (z. B. Stobi in Makedonien, s. M 698 oder M 699) verbreitet waren –  auch dies belegt den omnipräsenten Einfluss Roms.

 

Weiterführende Literatur:

- A. Filges, Münzbild und Gemeinschaft. Die Prägungen der römischen Kolonien in Kleinasien (2015) bes. S. 23-28

- T. Esch, Zur Frage der sogenannten Doppelgemeinden. Die caesarische und augusteische Kolonisation in Kleinasien, in: E. Winter (Hrsg.), Vom Euphrat bis zum Bosporus. Kleinasien in der Antike. Festschrift Elmar Schwertheim, Asia Minor Studien 65 (2008) S. 199-216