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Dieser As stammt aus der Serie (wie M 2077), die in anschaulicher Weise die religiösen Zeremonien der Säkularfeiern Domitianus’ im Jahre 88 n. Chr. darstellt. Die Altarszene der Rückseite zeigt ein sogenanntes Voropfer, wie es zu Beginn jeder Opferhandlung abgehalten wurde. Der Kaiser, rechts neben dem kleinen Rundaltar, hat Weihrauch ins Feuer gespendet und gießt nun aus einer Schale Wein darüber. Ihm gegenüber steht ein Flötenspieler (tibicen), hinter diesem ein Leierspieler (fidicen); beide spielen während der Zeremonie auf ihren Instrumenten.
Betrachtet man die zahlreichen Darstellungen von Voropfern auf den historischen Reliefs der Kaiserzeit, so bestätigen und ergänzen sie die Altarszene des Münzbildes. Meist sind dem Opfernden dort noch Altardiener beigegeben, die das Weihrauchkästchen und die Opferkanne mit dem Wein halten. Zudem findet sich häufig, auch auf Münzbildern unserer Säkularserie, eine kombinierte Darstellung, bei der das Voropfer mit den unmittelbar folgenden Zeremonien, der Vorführung und Schlachtung der Opfertiere, verbunden ist.
Als Musiker ist bei Kulthandlungen nach römischem Ritus stets ein tibicen anwesend. Ein zusätzlicher fidicen wie auf unserem Münzbild ist selten und steht für ein Opfer nach griechischem Ritus. Dass für diesen römischen Kult ein griechischer Ritus vorgeschrieben war, können wir den Säkularakten entnehmen, möglicherweise ein Beleg für die Herkunft der ludi saeculares aus dem griechischen Unteritalien. Gemäß dieser Vorschrift trägt der Kaiser als Opfernder die Toga mit unverhülltem Haupt (capite aperto), während nach römischem Ritus der Kopf bedeckt sein musste (capite velato). [Michael Fehlauer]
Die Säkularfeiern des Jahres 88 n. Chr.
88 n. Chr. feierte der Kaiser Domitianus die ludi saeculares in Rom. Er ließ aus diesem Anlaß Münzen in den Edelmetallen Gold und Silber sowie in Bronze mit gleichlautenden Legenden und in den Nominalen Aureus, Denar, Sesterz, Dupondius und As prägen. Diese Serie ist in der römischen Münzprägung eine seltene Ausnahme und hat mit ihrem streng strukturierten Typenprogramm auch keine Nachfolge gefunden. Die ludi saeculares feierten jeweils ein neues saeculum (‚Zeitalter’) der Stadt Rom, wobei ein saeculum 100 Jahre, aber auch, wie unter Augustus festgelegt wurde, 110 Jahre umfassen konnte. Als etwa Claudius schon bereits 47 n. Chr. abermals die ludi saeculares feiern ließ, erregte dies den Spott der Senatoren, aber auch Domitianus hielt sich, obwohl er sich im übrigen eng an die Ludi Saeculares-Prägung des Augustus von 17 v. Chr. anlehnte, nicht an den Zeitraum von 110 Jahren, als er ‚seine’ Spiele im Jahre 88 n. Chr. durchführen ließ. Die Opferrituale während der ludi saeculares wurden durch einen sibyllinischen Spruch, der auch die Gebete der Matronen an Iuno und die vorbereitenden Reinigungszeremonien enthielt, vorgeschrieben. Sie erscheinen auf der Bronzeprägung, jeweils den Kaiser im Zentrum als denjenigen darstellend, der die religiösen Handlungen durchführte. In den Gold- und Silberprägungen übernahm Domitianus die augusteischen Typen des Herolds und des Cippus, die neun Bronzetypen stellen dagegen in ihrer auf das Erzählerische zielenden Art etwas Einzigartiges in der römischen Reichsprägung dar. Sie werfen die Frage nach den Adressaten dieser Prägungen auf. Zweifellos war die Serie zunächst einmal dazu bestimmt, in ihrer Gesamtheit betrachtet zu werden. Dafür kommt jedoch nur ein kleiner Kreis wie etwa die Quindecemviri sacris faciundis in Frage. Als Empfänger einzelner Gold- und Silbermünzen müssen wir wohl die politische Elite annehmen, für welche die enge Beziehung zwischen Domitianus und seinem Vorgänger Augustus betont wurde. Die Bronzemünzen, die in den allgemeinen Umlauf kamen, dürften als Gesamtheit kaum einen Betrachter gefunden haben, doch wies jeder Typ dieser Serie auf die überragende Bedeutung des Herrschers für die Religion und die Wahrung der Traditionen hin. In der Forschung wurde versucht, die dargestellten Szenen mit den in der Literatur überlieferten Ritualen in Übereinstimmung zu bringen, doch sind sie dafür im Detail zu ungenau. Gleiches gilt für die Architekturdarstellungen, die lediglich einen heiligen Platz in der Stadt Rom andeuten.